Diabetes (MODY)
Der Begriff Diabetes mellitus umfasst verschiedene Stoffwechselerkrankungen mit absolutem oder relativem Insulinmangel, die allesamt zu erhöhten Blutzuckerwerten und Glukoseausscheidung im Urin führen. Die häufigsten Formen sind Typ-1- und Typ-2-Diabetes. Typ 1 beruht auf einer autoimmun bedingten Zerstörung der Insulin-produzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse. Typ 2 lässt sich auf eine Insulinunempfindlichkeit oder ein Missverhältnis von Insulinbildung und – bedarf zurückführen.
Manche Formen des Diabetes mellitus weisen eine genetische Komponente auf. Typ 2 lässt sich den komplexen oder multifaktoriellen Erkrankungen zuordnen. Dies bedeutet, dass wahrscheinlich Defekte in einer großen Zahl von Genen mit äußeren Einflüssen zusammenwirken, um die Erkrankung zum Ausbruch zu bringen. Daneben gibt es seltenere, monogene Formen, die mit hoher Penetranz autosomal dominant vererbt werden. Man fasst sie unter dem Begriff MODY (Maturity Onset Diabetes of the Young) zusammen.
Etwa 2 bis 5 Prozent aller Diabetiker leiden an dieser Diabetesart, deren Natur häufig jedoch erst spät oder gar nicht erkannt wird. Derzeit werden 14 verschiedene MODY-Typen unterschieden. Die verschiedenen Formen zeigen unterschiedlich stark ausgeprägte Hyperglykämie, die unbehandelt im Alter zu diabetischen Spätfolgen führt. Der Insulinbedarf hängt stark vom MODY-Typ ab, manche Formen erfordern kein Insulin.
MODY1: Dieser Form liegen Veränderungen im HNF4A-Gen zugrunde. Sie umfasst etwa 3 Prozent der MODY-Fälle.
MODY2: Diese zweithäufigste MODY-Form (ca. 20 Prozent aller Fälle) beruht auf Mutationen im GCK-Gen. Bei diesen Patientinnen und Patienten besteht bereits ab Geburt eine milde Hyperglykämie.
MODY3: Bei den meisten MODY-Patientinnen und -Patienten können Mutationen im Transkriptionsfaktor-Gen HNF1A nachgewiesen werden (ca. 65 Prozent der Fälle).
MODY4: Das Gen PDX1 gehört zu den selteneren Verursachergenen (ca. 1 Prozent der Fälle).
MODY5: Diese Form wird auf Defekte im HNF1B-Gen zurückgeführt. Sie kommt bei etwa 5 Prozent der MODY-Patientinnen und -Patienten vor und kann mit polyzystischer Nierenerkrankung und Fehlbildungen des Urogenitaltrakts einhergehen. Männer können eine Azoospermie aufweisen.
Weitere, mit MODY assoziierte Gene, sind unter anderem NEUROD1 (MODY6), KLF11 (MODY7), CEL (MODY8), PAX4 (MODY9), INS (MODY10), BLK (MODY11), ABCC8 (MODY12), KCNJ11 (MODY13) und APPL1 (MODY14).
Indikation
Folgende Punkte weisen bei Diabetes-Patientinnen und -Patienten auf das Vorliegen einer MODY-Form hin:
- Manifestation des Diabetes vor dem 25. Lebensjahr
- Auftreten von Diabetes in der Eltern- und Großelterngeneration
- Schwangerschaftsdiabetes
- keine Diabetes-spezifischen Antikörper nachweisbar (IA2, GAD-Ak)
Es gibt eine Reihe von zusätzlichen klinischen Parametern, die eine Vorauswahl zwischen den einzelnen MODY-Formen erleichtern:
MODY Typ 1:
Erkrankungsalter <1 Jahr, keine MODY Typ 2- oder Typ 3-Mutation
MODY Typ 2:
Glukose-Anstieg oGTT <5,0mmol/l, HbA1c 5,5 – 8,0
MODY Typ 3:
Glukose-Anstieg oGTT >5,0mmol/l, keine MODY Typ 2-Mutation
MODY Typ 5:
Urogenitale Fehlbildungen
Der Nutzen einer molekulargenetischen Abklärung liegt in der Sicherung der Diagnose MODY und der präsymptomatischen Früherkennung der Erkrankung innerhalb von betroffenen Familien mit der Möglichkeit einer Modifikation der Behandlung und des Lebensstils.
Molekulargenetische Diagnostik
Deuten die klinischen Symptome auf eine bestimmte MODY-Form hin, so wird das entsprechende Gen untersucht. Ist eine klinische Differenzierung nicht möglich, werden mittels der Next Generation Sequencing (NGS)-gestützten Panel-Diagnostik die Gene GCK, HNF1A, HNF1B, HNF4A, PDX1, NEUROD1, KLF11, CEL, PAX4, INS, BLK, ABCC8, KCNJ11 und APPL1 analysiert. Darüber hinaus werden große Deletionen und Duplikationen in diesen Genen mittels CNV-Analyse untersucht. Große Deletionen und Duplikationen in den Genen GCK, HNF1A, HNF1B und HNF4A werden zudem mittels MLPA analysiert.